Siemens-Sparte Com profitiert von Aufträgen aus China

Die chinesischen Handynetzbetreiber China Mobile und Unicom bestellen bei den Münchnern GSM-Infrastruktur für 140 Millionen Euro und das Eisenbahnministerium ordert GSM-R-Technik für einen zweistelligen Millionenbetrag.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 21 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sven-Olaf Suhl

Die kriselnde Siemens-Kommunikationssparte Communications (Com) kann sich über Aufträge in Millionenhöhe aus der Volksrepublik China freuen: Der kundenstärkste Mobilfunkanbieter der Welt, China Mobile, will sein Netz bis Ende 2006 mit Siemens-GSM-Technik im Wert von 90 Millionen Euro erweitern. Ebenso beabsichtigt China Unicom den Kauf von GSM-Infrastruktur für 50 Millionen Euro. Beide Betreiber unterzeichneten in Peking im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des chinesischen Premierministers Wen Jia Bao entsprechende Rahmenabkommen.

China Mobile hatte zum Jahresende 247 Millionen Kunden, China Unicom kam Ende April auf knapp 100 Millionen GSM- und 34 Millionen Nutzern von Handys im CDMA-Standard. Damit teilen sich zwei Konzerne den bereits 400 Millionen Nutzer umfassenden Mobilfunkmarkt in China, der zu den am schnellsten wachsenden der Welt zählt.

Siemens Com sieht sich aufgrund der GSM-Abkommen in einer guten Ausgangsposition für Aufträge für TD-SCDMA-Infrastruktur, einem 3G-Standard, der in China vor der Markteinführung steht. Einer der ausschlaggebenden Gründe für China, mit TD-SCDMA ein eigenes Verfahren zu entwickeln und zum 3G-Mobilfunkstandard zu ernennen, ist die Einsparung von Lizenzzahlungen, die bei der Verwendung der vorhandenen 3G-Standards wie dem europäischen UMTS/WCDMA oder des beheimateten Nordamerika CDMA2000 anfallen würden. Inzwischen investieren namhafte europäische und amerikanische Infrastrukturanbieter ihrerseits in TD-SCDMA und bauen entsprechende Kapazitäten im Reich der Mitte auf. Siemens zählte 2000 dabei zu den ersten ausländischen Firmen, die sich bei TD-SCDMA engagierten.

Über die anlässlich des Staatsbesuchs der Bundeskanzlerin besiegelten GSM-Aufträge hinaus kann Siemens Com auch einen Vertriebserfolg für den Eisenbahn-Funkstandard GSM-R feiern. Das chinesische Eisenbahnministerium bestellt bei Siemens entsprechende Ausrüstung "im zweistelligen Millionenbereich". Kurz zuvor hatte bereits der Ausrüster Nortel einen GSM-R-Auftrag aus China bekannt gegeben. Siemens und Nortel sehen sich jeweils als Weltmarktführer im Segment des digitalen Eisenbahnfunks, der aus dem GSM-Standard entwickelt wurde.

Im vergangenen Geschäftsjahr erhielt Siemens Com Mobilfunkaufträge aus China im Wert von rund 280 Millionen Euro. Dieser Wert nimmt sich im Vergleich zum Gesamtumsatz von Siemens Com von 13 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2005 bescheiden aus, doch könnten Aufträge aus Wachstumsregionen wie China zum Rettungsanker der kriselnden Konzernsparte werden, der gar die Abspaltung droht. Mit der Abspaltung von Com würde der Elektronikkonzern seine Wurzeln kappen, was Belegschaftsaktionäre als "Super-Gau für Siemens" bezeichnen. Am Beginn der über 150-jährigen Konzerngeschichte, die eng mit der Industrialisierung verwoben ist, stehen Entwicklungen wie die Eisenbahntelegrafie. (ssu)