Neues Haptik-System: Es kommt ohne Elektroden auf der Handinnenseite aus

Neuartiger Haptik-Handschuh erregt Tastgefühle auf Fingerkuppen und der inneren Handfläche, obwohl dort keine Elektroden angebracht sind.

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(Bild: Mike_shots/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Mit Haptik-Handschuhen lassen sich schon heute virtuelle Objekte ertasten. Grundlage dafür sind elektronisch gesteuerte Elektroden auf den Fingerkuppen, die mit dem realen Tasten vergleichbare Reize auslösen. Anwendungen liegen etwa im Gaming-Sektor oder in Zukunft beispielsweise auch zum Fühlen von Textilien über das Internet. Eine ungewöhnliche Variante solcher Haptik-Handschuhe entwickelte nun das Team um Pedro Lopes von der University of Chicago. Die Entwickler verzichteten komplett auf Elektroden auf den Fingerkuppen oder in der Handinnenfläche und konnten dennoch genau dort Tastgefühle erzeugen.

"Bei unserem Ansatz gibt es keine Elektroden auf der Handinnenfläche, obwohl dort die Tasteindrücke gefühlt werden", berichteten Lopes und Kollegen Ende April auf der Conference on Human Factors in Computing Systems – CHI 2023 – in Hamburg über den Clou der Erfindung. Somit stören keine Elektroden beim Greifen.

Für dieses Kunststück legten sie je zwei Elektroden ausschließlich auf die Außenseite jedes Fingers und zusätzlich zwei Elektroden auf die Handoberfläche. Mit genau austarierten Strompulsen konnten erfolgreich Tastgefühle auf der Handinnenseite erregt werden.

Grundlage für dieses auf den ersten Blick widersprüchliche Ergebnis ist die unterschiedliche Anzahl von Tastzellen an Innen- und Außenseite der Hand. So befinden sich in der Haut der Handinnenseite etwa 60 mal mehr Tastrezeptoren als auf der Außenseite. Diese unterschiedliche Empfindlichkeit nutzten die Forscher aus. In zahlreichen Versuchen ermittelten sie die Reizschwelle der Rezeptoren auf der Außenseite und passten die Strompulse entsprechend an. So gelang es, mit koordinierten Strompulsen an den außen angelegten Elektroden ausschließlich Tasteindrücke in insgesamt elf Zonen auf der Handinnenseite zu erzeugen.

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Acht Probanden testeten einen ersten Prototyp dieses neuartigen Haptik-Handschuhs. Zusätzlich ausgestattet mit einer VR-Brille sollten sie an einem virtuellen Regler drehen oder einen kleinen Stoffbären greifen. Die Probanden berichteten, dass sie sowohl die Form als auch die Größe der virtuellen Objekte über die künstlich erregten Tastreize fühlen konnten. In einer weiteren Versuchsreihe wurden künstliche und echte Tastreize – vom Greifen eines groben Seils bis zum Kneten einer Tonmasse – überlagert. Das Ergebnis: die realen Tasteindrücke wurden nur wenig von den virtuellen Reizen verfälscht.

Nun wollen Lopes und Kollegen ihren Prototypen weiter optimieren. Dabei fokussieren sie sich auf kleinere Elektroden und die Erregung virtueller Reize, die unterschiedlichen Texturen einer Oberfläche entsprechen. Mögliche Anwendungen sehen die Entwickler auf dem Feld der erweiterten Realität (augmented reality AR), bei dem beispielsweise Monteure echte Objekte geschickt anfassen müssen und zugleich von virtuellen Reizen angeleitet werden.

(jle)